Kryptonym

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Gemälde des italienischen Malers Michelangelo (1475-1564):
Neue Forschungsergebnisse zur These, dass Jesus von Nazareth und Ptolemaeus von Mauretanien ein und dieselbe Person waren














„Judas der Galiläer hatte zwei Söhne, Simon und Jakobus, die wie ihr Vater ihr Leben in den Dienst der Rebellion gegen die römische Fremdherrschaft stellten. Sie wurden von dem römischen Prokurator Tiberius Iulius Alexander (46-48 n. Chr.) gekreuzigt.“

Als ich diesen Satz las, löste das bei mir einen Gedankenblitz aus. Über zwanzig Jahre hatte ich versucht, der Heiligen Familie aus Nazareth, den Gestalten der Heiligen Drei Könige, den Aposteln und Jüngern Jesu, den Evangelisten, den christlichen Persönlichkeiten der Antike das Legendenhafte zu nehmen. Über zwanzig Jahre hatte ich den Schlüssel in Händen gehalten, aber die Substanz dieses Satzes nicht bemerkt. Die vier Namen symbolisieren nämlich die vier letzten Apostel auf den Apostellisten der Evangelisten: Jakobus der Jüngere, Judas Thaddäus, Simon Zelotes und Judas Iskariot der Verräter.

Für meine These, dass Jesus von Nazareth als Kryptonym (Deckname) für Ptolemaeus von Mauretanien steht, habe ich einen überzeugenden Verfechter gefunden – den Koran. Die heilige Schrift des Islam lehnt nämlich die Vorstellung einer Kreuzigung Jesu ab und geht davon aus, dass statt seiner eine andere, ihm optisch ähnliche Person gekreuzigt wurde (Sure 4, Vers 157-158). Diese Hypothese (Substitutionstheorie) stimmt mit meinen Forschungsergebnissen überein.

Ich versuche, die Männer und Frauen, die das Christentum begründeten, nicht aufgrund der Überlieferungen zu beschreiben, sondern sie in ihrem Wirkungs- und Beziehungskreis zu erfassen. Ich näherte mich über die Ahnenforschung diesen Probanden. Durch ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander erscheint ihr Wirken in einem ganz anderen Licht. Dazu dienten mir bisher zum Teil unbeachtet gebliebene historische Ereignisse und Biografien. Das Sichten und in Beziehungsetzen des Quellenmaterials nahm Jahre in Anspruch. Die Mühe hat sich gelohnt, das Ergebnis beweist es.

Es gibt eine Wechselbeziehung in der römisch-ägyptischen Geschichte, die völlig übersehen wurde: die tiefe Feindschaft zwischen der julisch-claudischen Dynastie einerseits und der Dynastie der Antonier und Ptolemäer andererseits. Ausgelöst wurde die Feindschaft sowohl durch die Ermordung von Gaius Iulius Caesar als auch durch die Ermordung von Marcus Antonius und Kleopatra VII. durch Gaius Octavius, den späteren Kaiser Augustus, und vor allem durch die Ermordung von König Ptolemaeus von Mauretanien durch den römischen Kaiser Caligula. Seine Nachfolger versuchten die Morde zu vertuschen. Diese Vertuschung, gepaart mit Willkürherrschaft und Unterdrückung, führte zur Entstehung des Christentums.

Jesus war nicht der einfache Zimmermann, die Heiligen Drei Könige keine Sterndeuter aus dem Morgenland und die Apostel nicht die von Jesus zufällig ausgewählten Sendboten. Fast alle standen in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander. Männer und Frauen aus Mauretanien, Ägypten (vor allem aus Alexandria), Armenien, Bosporus, Parthien, Pontos, Thrakien, Kilikien, Emesa, Kommagene, Rom und Judäa (vor allem aus Jerusalem) treten in unser Blickfeld. Motive des Handelns, politische und wirtschaftliche Verhältnisse werden sichtbar und lassen die Ereignisse in ihrer ganzen Tragweite erscheinen.
Der Mord an Gaius Iulius Caesar am 15. März 44 v. Chr. war Anlass zu einer Blutfehde. Aufgrund der Machtkämpfe in Rom standen sich Marcus Antonius und Gaius Octavius rivalisierend gegenüber. In der Folge eskalierte die Blutfehde. Ich zeige die bedeutsame Rolle Roms und den roten Faden auf, die zum Königsmord an Ptolemaeus von Mauretanien führten. Ich gehe auf die Sippenverhältnisse von Freund und Feind ein und auf deren Vorfahren und Nachkommen.
Dieses Exposé, das vielleicht zu einem Buch werden kann, zeigt den Weg vom Mythos zurück zur Realität, ohne dass diese an Symbolwert verliert.

Jesus von Nazareth – seine Anhänger verkündeten ihn nach seinem Tod als Jesus Christus, den Messias und Sohn Gottes. Daraus entstand eine neue Weltreligion, das Christentum. 2000 Jahre nach Jesu Kreuzigung stellen sich neue Fragen: Wer tötete Jesus? Fand die Kreuzigung überhaupt statt? Und wer war dieser Jesus von Nazareth? Die Evangelien sind einfach nicht wasserdicht. Was heute in jedem Mordprozess brennend interessiert – die Erfassung aller Indizien über Tatverdächtige, die Beziehungen zum Opfer, Milieuumstände – diese Fragen blieben bisher völlig offen. Wäre nicht die Abklärung der Identität des Jesus von Nazareth notwendig gewesen? Meine Recherchen bringen eine unglaubliche Geschichte von Verschwörung, Intrigen und Fälschungen ans Licht. Stellen wir uns einmal vor, die Passionserzählungen würden die Römer als schuldig am Tod Jesu hinstellen, die Juden aber von jeder Schuld daran entlasten. Wie wäre die Weltgeschichte wohl dann verlaufen?

Jahrelang suchte ich aber noch den letzten Beweis für meine These, dass Jesus von Nazareth nicht auf Golgatha in Jerusalem gestorben sein kann und dass sein Name als Kryptonym (Deckname) für eine schändliche Tat steht. Weder der Heilige Kelch noch die Heilige Lanze noch die Heiligen Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen worden sein sollen, beweisen die Passionsgeschichten der Evangelien. Es waren die Römer, die die schändliche Tat in Rom verübten.

INRI sind die Initialen des lateinischen Satzes Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum – „Jesus von Nazaret, König der Juden“. Dieser Satz stand auf einer Tafel, die der römische Statthalter Pontius Pilatus oben am Kreuz Christi anbringen ließ, um den Rechtsgrund seiner Verurteilung anzugeben. Die Römer kannten den Brauch, die Schuld eines Verurteilten durch eine Tafel bekannt zu machen, die man ihm umhängte oder vorantrug, um ihn vor seinem Tod öffentlich zu demütigen und zu verspotten. Dies bezeugen vier römische Quellen, darunter Sueton für Urteilsvollstreckungen an Aufständischen unter Kaiser Caligula (37-41 n. Chr.). Das Tragen des Titels „König der Juden“ hatten die Römer jüdischen Herrschern seit dem Tod Herodes des Großen (4 v. Chr.) bis zum Ende der Amtszeit des Pilatus (37 n. Chr.) als Statthalter Judäas strikt untersagt, da sie Judäa in dieser Zeit zusammen mit Idumäa und Galiläa direkt verwalteten.
Ein Messiasanspruch galt im Judentum nicht als todeswürdig, da der weitere Geschichtslauf ihn ohnehin beweisen oder entkräften würde. Jüdische Könige und Thronanwärter beanspruchten seit dem Untergang des jüdischen Königtums nie den Ehrentitel des von Gott Gesalbten (hebräisch maschiach, griechisch christos) für sich. Auch Jesus tat dies nur an einer einzigen Stelle der Evangelien, die stark von christlichen Verkündigungsabsichten geprägt ist. Er hatte zuvor wie viele frühere Propheten, zuletzt Johannes der Täufer, nicht eigene Machtansprüche, sondern das Reich Gottes verkündet.

Die Holztafel mit den vier Initialen INRI wird längst verrottet sein. Und wenn es die Tafel dennoch gab, dann wurde sie nicht in Jerusalem, sondern in Rom im Jahr 40 n. Chr. an einem Kreuz angebracht. Die Menschen in der Antike waren außerordentlich einfallsreich, wenn es um das Ausdenken grausamster Strafen ging. Doch die Beschreibungen von Kreuzigungen fehlen seltsamerweise in den Quellen. Sie tauchen erst im Umfeld der Ereignisse um Jesus auf und dort nicht sehr detailliert. Der Mord an König Ptolemaeus von Mauretanien ist historisch belegt. Auch Pontius Pilatus und Herodes Agrippa I., der die Hohepriester des Tempels von Jerusalem in ihr Amt einsetzte, sind historische Persönlichkeiten. Im Jahr 40 n. Chr. befand sich Pontius Pilatus nach seiner Rückkehr aus Palästina wieder in Rom und vermutlich auch Herodes Agrippa I., der von Kaiser Caligula Galiläa erhielt.

Roman Odermatt